Hitze im Büro! Was tun?

Das Interview!
Sommerlicher Wärmeschutz
03. Aug. 2020
Der Sommer wird groß. Und heiß. Was können Unternehmen tun, damit sich die Angestellten behaglich fühlen? Und was heißt das überhaupt – behaglich?

Darüber haben wir mit unserem LEA-Kollegen Stefan Heyde gesprochen. Er ist Experte für Energieeffizienz in Unternehmen – und kennt sich sehr gut aus, was sommerlichen Wärmeschutz anbelangt.

Wie war der Sommer bisher für dich?

Der Sommer war toll. Es war nicht zu heiß.

Was dann aber nicht so gut ist für dein Thema – für den sommerlichen Wärmeschutz. Der ist doch dann gar nicht so wichtig, wenn es ein einigermaßen milder Sommer ist.

Das stimmt natürlich. Den Sommer, den wir nicht wollen, haben wir nicht. Das ist für meine Aktivität kein Vorteil, aber für die Menschen angenehmer.

Trotzdem ist das Interesse groß und auch die Bereitschaft, an dem Thema zu arbeiten ist riesig.

Stefan Heyde

Experte für sommerlichen Wärmeschutz: LEA-Mitarbeiter Stefan Heyde

Was heißt eigentlich „sommerlicher Wärmeschutz“?

Das ist eine schöne Frage! [lacht]

Warum?

Weil die Frage unterschiedliche Antworten hat – je nachdem, wer sie beantwortet. Bei den Architekten ist der sommerliche Wärmeschutz im Prinzip die Isolierung, die dick ist. Bei den Bauphysikern ist es überwiegend die Lüftungs- oder Klimaanlage. Ein Arzt spricht dann über Flüssigkeitsaufnahme, CO2 und alles was den Blutdruck nicht erhöht.

Und bei dem Laien ist es, dass man es wortwörtlich nimmt und sich im Sommer vor Wärme schützt?

Für den Laien ist es, dass er sich in seinen Räumen behaglich fühlt, und behaglich ist eben nicht ein Luxus, sondern behaglich ist es da, wo der Mensch leistungsfähig ist. Ein kleines Problem, das wir haben, ist, dass unsere technischen Normen nicht auf Behaglichkeit, sondern auf Mindestanforderungen ausgerichtet sind, sodass wir uns überhaupt nicht wundern müssen, dass es in den Gebäuden mal nicht funktioniert.

Broschüre: "Sommerlicher Wärmeschutz"

Die Broschüre „Sommerlicher Wärmeschutz“ finden Sie hier als Download.

Was müsste verbessert werden, damit das funktioniert?

Ich müsste mich letztendlich auf physiologische Grenzwerte einlassen, die es im Prinzip auch gibt und die Norm darauf optimieren oder eine Zusatznorm bestimmen, die sagt, dass ein behagliches Klima erfüllt ist, wenn diese bestimmte Norm erfüllt ist.

In der Konsequenz ist das eine andere Herangehensweise, die zu einer anderen Planung mit Hilfe von Simulationen führt.

Ich sitze im Moment zum Beispiel in einem Büro, in dem ich die Fenster nicht öffnen kann. Das ist sicherlich ein Manko, oder?

Nicht zwingend. Wenn es eine gute Klimaanlage gibt inklusive einer guten Lüftungsanlage, das ganze System gut gewartet ist und vor allen Dingen vorweg gut geplant wurde, wäre das eine tolle Sache.

Eine Klimaanlage ist per se nicht dumm, außer dass sie normalerweise Energie braucht, um betrieben zu werden, und die Energieerzeugung häufig mit CO2 Emissionen verbunden ist.

Bei deiner Beratung geht es vor allen Dingen um Unternehmen und nicht um den sommerlichen Wärmeschutz bei Privatpersonen. Was müssten Firma alles leisten, wenn sie den sommerlichen Wärmeschutz ernst nehmen?

Was tun bei Hitze? 

Bei uns geht es um Unternehmen und Nichtwohngebäude, auch viel um Kommunen, nicht zu vergessen Einrichtungen wie Altenheime. Was die Unternehmen und die Kommunen leisten müssten, ist neu an die Themen heran zu gehen, neu zu planen und weg davon, immer gleich in Klimaanlage und Schnell-schnell-Lösungen zu investieren, sondern ganzheitlich.

Gute Planung – auch mit Simulationen – ist das A und O. Und Information. Gerade beim Informationsgrad ist zu merken, dass viele dieses technische Know-How, das notwendig ist, um einen Raum gut zu klimatisieren ohne Klimaanlage – dieses Wissen ist passiv vorhanden, aber nicht wirklich aktiv.

Und was sollten sie bei ihren Gebäuden ändern? Was sind die Ziele deiner Beratung?

Im allerersten Schritt weise ich die Teilnehmer darauf hin, was behaglich ist – also was die Temperaturbereichen sind, in denen jemand performant ist und nicht 100 Prozent, sondern 120 Prozent erbringen kann. Hinzu kommt die besondere Wichtigkeit von CO2, und dessen richtige Konzentration. Wenn die Werte über 1.000 ppm liegen, ist das zu hoch,  um 100% leistungsfähig zu sein.

Ich mache die Unternehmen darauf aufmerksam, was die klimatischen Bedingungen im Büro sind, was es für Alternativen zur Klimaanlage gibt. Das hat dann zu tun damit, wie man das Gebäude ausgestalten und umgestalten kann, damit man ein verbessertes Büroklima erhält.

Ein gutes Gebäude ist sowohl gut für die
Mitarbeiter als auch leistungsorientiert.

Stefan Heyde

Stefan Heyde

Experte für Energieeffizienz in Unternehmen

Gibt es dafür Förderungen?

Es gibt Förderungen in Einzelfällen. Aber der erste Ansatz sollte sein, dass man ein Bürogebäude haben möchte, in dem performante Mitarbeiter arbeiten – und nicht loszugehen, um erst einmal an Förderungen zu denken und nur dann etwas zu unternehmen und ansonsten alles so zu lassen, wie es ist, wenn es eine Förderung nicht gibt.

Also nicht auf den Preis achten, sondern darauf, dass die Mitarbeiter eine bessere Leistung bringen.

Wir leben in einer Leistungsgesellschaft, das ist auch gut so. Aber es geht nicht nur um bessere Leistung, sondern auch um die Mitarbeiter. Und ein gutes Gebäude ist sowohl gut für die Mitarbeiter als auch leistungsorientiert.

Du hast zu diesem Thema verschiedene Webinare gegeben. Was gab es dort für Rückfragen und Reaktionen? Was sind die wichtigsten Aspekte, die die Teilnehmer interessiert haben?

Die interessanteste Erkenntnis hat damit zu tun, dass sich viele Gebäude auch neue Gebäude nur an Mindestanforderungen für den sommerlichen Wärmeschutz orientiert sind. Es war deutlich an den Reaktionen der Teilnehmer zu merken, dass sie erkannten, dass man lediglich mit den Mindestanforderungen nicht zu einem behaglichen Gebäude kommt.

Ein Klick für Ihren Datenschutz. Zum Anzeigen des YouTube-Videos akzeptieren Sie bitte die Datenschutzrichtlinien des Drittanbieters YouTube

Wenn Sie diesen Hinweis akzeptieren, wird dies gespeichert und die Seite wird neu geladen.

Die Menschen, die sich in der Technik bewegen wie Bauphysiker, auch viele Architekten, haben dieses Problem angesprochen. Wer es besser wissen sollte, sind die, die Bauausschreibungen vornehmen und diejenigen, die den Auftrag zur Errichtung des Gebäudes geben, also z.B. die Geschäftsführer von Unternehmen.

Wen hast du mit den Webinaren angesprochen? Aus welchen Bereichen kamen die Teilnehmer?

Leider recht wenig Unternehmen. Sehr, sehr viele Verwaltungen, Kommunen, Bauämter, Klimaschutzmanager. Der sommerliche Wärmeschutz gehört eigentlich in den Baubereich einer Kommune. Der eine oder andere Bauphysiker war dabei. Ein paar Architekten.

Du erreichst also nicht alle Berufsgruppen, die du erreichen möchtest?

Der Unternehmensanteil ist mir persönlich noch zu unterrepräsentiert. Wir werden noch eine neue Aktion starten, mit denen wir Architekten ansprechen werden. Letztendlich ist es eine Bekanntmachung des Themas, das wir im Angebot haben.

Das Angebot ist gut – nach den Rückmeldungen, die ich bekommen habe. Es ist ein Basisangebot, das ein Wissensfundament trägt für den sommerlichen Wärmeschutz. Auf dieses lässt sich aufbauen.

Als letzte Frage: Was machst du für deinen ganz persönlichen sommerlichen Wärmeschutz?

Ich habe heute Morgen die Terassentür geöffnet und damit die eher kühle Luft hereingelassen. Ich achte sehr darauf, dass mein Haus gut gelüftet ist. Und ich nutze die Nachtentlüftung: Nachts lüfte und kühle ich das Haus, so gut ich kann, um tagsüber eben auch ein kühles Haus zu haben – gerade in den nächsten Wochen, wenn es über 30 Grad heiß wird. Da mache ich mir keine Sorgen, weil ich jede Nacht mein Haus komplett auskühle.

Das Gespräch führte Till Frommann.

Fotos: Adobe